Beim dritten Mal findet in der Kapelle alles seinen Platz

Alltägliches und Besonderes, Unterricht und Kunst stellen keine Gegensätze dar
Kurz vor den Herbstferien ging der Poetry Slam an der Zitadelle in die dritte Runde. Obwohl das be­kannte Grundkonzept des Vortrags selbstge­schrie­bener Texte vor einem Publikum und einer Jury, die die gehörten Texte später bewertet und am Ende des Abends die Sieger kürt, gleich blieb, gab es in diesem Jahr zwei Veränderungen, die für einen Abend mit besonderen Mo­men­ten für die Slammer, das Publikum und die Jury sorgten: In diesem Jahr zog die selbst­geschriebene Literatur in die Kapelle der Zitadelle, die einen wunderbar gemütlichen Raum und eine außergewöhnliche Kulisse für die Veranstaltung bot. Außerdem bestand keine Themenvorgabe mehr für die Texte der Teilnehmer.

So präsentierten 15 Teilnehmer am Mittwoch den 18.10.2017 vor einem tollen Publikum Texte zu so unterschiedlichen Themen, dass die Reaktionen auf Seiten der Zuschauer und Jury zwischen herzhaftem, lauten Lachen und einer tiefen Nachdenklichkeit das ganze Spek­trum emotionaler Regungen abdeckten. Immer wieder spielte der moderne Alltag eine große Rolle in den Texten von Schülerinnen und Schülern wie auch in denen der Lehrer. Maira Kienzler beschrieb in poetischem Gewand eine analoge Begegnung in einer immer digitaler werdenden Welt sowie verpasste Chancen. Über das Nicht-Wahrnehmen von sich bietenden Möglichkeiten dachte auch Dominik Hartung mit seinem Text nach und brach eine literarische Lanze für den Kampfgeist die eigenen Ziele so lange zu verfolgen bis man sie erreicht. Genauso wie Nele Schmitz, Emilia Dreßen, Jeanne Kentzinger und Ayleen Egbulle, die im Rahmen des Deutschunterrichtes geschriebene Erweiterungen eines Gedichtes der bekannten Poetryslammerin Julia Engelmann vortrugen, stammte auch Dominiks Slam ursprünglich als Hausaufgabe aus dem Deutschunterricht.

Slammer-Beiträge der ersten drei Plätze

Shannon Schmitt gab ihrem Publikum die Möglichkeit authentische Gedanken zum Be­griff der Heimat zu hören. Luka Freiwald experimentierte in seiner kurzen Erzählung aus dem Leben und der Sicht eines Mastkükens mit einem Perspektivwechsel und Laura Mertens ließ ihr lyrisches Ich eine Begegnung mit den eigenen Dämonen ausfechten. Hannah Jung schickte ihre Zuhörer vom „Datenkraken fütternde[n], fossile[n] Brennstoff­räuber“ über die literaturwissenschaftliche Reflexion des lyrischen Ichs als Geistesinhalt der Autorin bis hin zu dem dünnen Eis der Liebe auf eine gedankliche und poetische Reise. Ein Gedankenexperiment, indem sie sich mit den möglichen Gedanken einer Figur, die sich inmitten eines Terroranschlages wiederfindet, auseinandersetzte, trug Lioba Horn, die Siegerin des letztjährigen Poetry Slams, außer Konkurrenz vor. Cetin Sapkiran rappte als jüngster Teilnehmer über den Schulalltag, der sich, plötzlich zu einem Super Mario Szenario verwandelte. Angesteckt von der Atmosphäre des Abends entschloss sich Duncan Colbeau noch während der Veranstaltung ebenfalls einen Slam beizutragen.

Für die Lehrer traten Frau Dovern, Frau Tavernier und Herr Aßmus in den gedanklichen Ring des Dichterwettstreits. Sie unterhielten Jury und Publikum mit einer humorvollen Darstellung des Lehreralltags, einem Nachdenken über die Welten der Literatur und des Lesens sowie lyrischen Gedanken zur goldenen Jahreszeit.

Durch den kurzweiligen Abend führten die Moderatoren Lioba Horn und Philipp Weckauf, kündigten die Slammer gekonnt an und leiteten von den Beiträgen der Literaten zu den Rückmeldungen der fachkundigen Jury über. Die aus den Deutschlehrerinnen Frau Landen und Frau Peltzer sowie Deutschlehrer Mario Maintz bestehende Jury zeigte sich beeindruckt von den zu literarischen Werken gewordenen Gedanken der Schülerinnen und Schülern. Eines zeigten nämliche alle Slammer des dritten Poetry Slams in der Zitadelle: Was in ein Gedicht oder einen literarischen Text gehört, das entscheidet der Autor. Daher bestaunten die Gäste in der Kapelle an diesem Abend eine so breite Themenfächerung, die sich schlussendlich doch auf einen Nenner bringen lässt. Die Themen und Inhalte stammten aus der authentischen Alltags- und Gedankenwelt der Teilnehmer und wirkten deshalb so stark auf die Jury und die Zuschauer. In diesem Alltag erkannten alle Poeten das Besondere und gossen es in verschiedenste literarische Formen.

Am Ende kürte die Jury Hannah Jung zur Siegerin des Abends, Laura Mertens belegte den zweiten Platz und Dominik Hartung wurde Dritter.

N. Aßmus