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Austauschgruppe von China-Aufenthalt begeistert

Quelle: Bundesweite Informatikwettbewerbe [1]Voller Spannung und mit gemischten Gefühlen der Vorfreude sind 28 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Zitadelle, des Mädchengym­na­siums und des beruflichen Gymnasiums zusam­men mit ihren drei Lehrern nach Taicang nahe Shanghai gereist. Für zehn Tage tauchten sie in eine fremdartige Kultur mit faszinierenden Fa­cetten ein. Bei einem intensiven Besichtigungs­pro­gramm lernten sie die Partnerstadt Jülichs aus verschiedenen Blickwinkeln kennen. So durften einerseits die Altstadt Liose und die South Gardens mit einem Einblick in ein verschwindendes traditionelles Leben ebenso wenig fehlen wie ein Besuch der Hochschule für Luft- und Raumfahrt und des Stadt­entwicklungsmuseums, in dem Zukunftsthemen und deren Umsetzung im Mittelpunkt standen.

Diese Abwechslung aus Vergangenheit und Moderne beeindruckte alle, auch den begleitenden Lehrer Dirk Neumann: „Auch bei meinem zweiten Besuch in Taicang bin ich immer wieder überrascht, dass sich Taicang scheinbar stark auf die Themen Wandel und Mobilität konzentriert, das noch vorhandene alte Erbe aber geschützt wird. Auch wenn die Partnerstadt an vielen Orten sehr modern ist, so blitzt an vielen Stellen ein früheres, einfacheres Leben vieler Menschen durch.“


Hier finden Interessierte das in Kooperation mit dem Herzog Magazin erstellte Video-Tagebuch [2].


Ohne Begleitung ihrer Lehrerinnen und Lehrer verbrachten die Schülerinnen und Schüler einen ganzen Tag zusammen mit chinesischen Gleichaltrigen in deren Familien, machten Ausflüge, kochten chinesische Teigtaschen oder lernten deren Wohnsi­tu­ationen kennen. Strahlend und immer wieder mit Geschenken überhäuft kehrten sie abends erschöpft ins Hotel zurück. Noch lange in der Hotellobby sitzend zeigten sie sich gegenseitig Fotos, Videos und die vielen Andenken, die sie erhalten hatten. So berichtete Linda von ihren Erlebnissen: „Ich habe den Tag in der Gastfamilie sehr genossen, schade, dass er schon zu Ende ist! Alle waren so freundlich und ich konnte mich sehr gut mit der chinesischen Schülerin, ihrer Freundin und auch mit ihrem Vater unterhalten.”. Shannon und Kimia waren gleichermaßen davon von der chinesischen Gastfreundschaft be­ein­druckt.

„Unsere Familie hatte sich große Mühe gegeben, uns eine schöne Zeit mit ihnen zu­sam­men zu schenken. Natürlich durfte dabei ein leckeres Mittagessen mit typischen chinesischen Köstlichkeiten nicht fehlen. Die Speisen waren in der Mitte des Tisches auf einer Drehplatte augerichtetund bestanden vorwiegend aus Meeresfrüchten und Fisch aber auch aus Hähnchen und Gemüse wie chinesischem Brokkoli. Auch dass wir später bei der Bemalung von traditionellen Fächern zuschauen konnten, war ein besonderes Erlebnis.” Wie die anderen berichteten sie davon, dass sie sich wie Popstars fühlen würden – überall seien sie fotografiert und gefilmt worden. Zum Teil hätten Passanten sie auch um Selfies gebeten – eine ganz neue Erfahrung für die beiden. „Besonders lustig waren auch die Blicke der Chinesen, wenn sie uns als europäische Sensation betrachteten und extra angerannt kamen, um uns anzustarren.“

An jeweils drei Tagen besuchten die Delegationen der einzelnen Jülicher Schulen ihre Kooperationsschulen, bei der sie auf unterschiedliche Weise den jeweiligen Schulalltag kennenlernten. Die Zitadellenschülerinnen und -schüler konnten sich ansatzweise wie chinesische Jugendliche an der Taicang Senior High School fühlen, etwa beim Besuch einer Physik-Stunde, die unserer Elektronik-AG ähnelte, oder bei Chinese Cultural Studies, bei denen sie zusammen mit Gleichaltrigen in Kleingruppen das Anfertigen eines typischen chinesischen Knotens lernten, der für Gastfreundschaft steht. Aber auch eine Ein­weisung in die Entwicklung der chinesischen Schriftsprache sowie praktische Schreib­übungen gehörten ebenso zum Besuchsprogramm wie das Erlernen eines chinesischen Volksliedes.

Ungewöhnlich und beeindruckt waren alle gleichermaßen vom Schulgelände, das Ähnlichkeiten mit einem Uni-Campus hat. Die Größe der Schule und die Offenheit der Schüler ist auch für Jannis Lang die besondere Überraschung. Und die Kon­takt­aufnahme funktioniert auch prompt: “Während einer gemeinsamen Stunde mit den chinesischen Schülern bin ich mit meinem Sitznachbarn ins Gespräch gekommen”, berichtet Jannis. “Ehe ich mich versah, unterhielt ich mich mit fünf Chinesen über mein Leben in Deutschland. Dabei lag ihr Interesse vor allem bei unseren Freiheiten. Ihr Lieblingsthema war dabei das Feiern gehen in Deutschland. Natürlich stand ich allen Fragen offen gegenüber.“

Die Jugendlichen der Zitadelle konnten aber auch den Chinesen einige Grundkenntnisse im Deutschen beibringen sowie ihre Schule und ihren Alltag mit Hilfe von Powerpoint-Präsentationen und selbst gedrehten kleinen Videos präsentieren, was auf großes Interesse stieß, bevor sie sich im Fußball und Basketball in einem Art Ländervergleich messen konnten.

“Der erste Tag in der Schule in Taicang war noch eindrucksvoller als erwartet” ist der Eindruck von Johannes Nürnberg und Philipp von Hoensbroech. “Obwohl wir auf den Straßen Taicangs von Menschenmassen fotografiert und beobachtet werden, drehte sich nicht mal ein Schüler um, als wir durch die Tür in den Unterricht einer Klasse kamen. Alles lief sehr diszipliniert ab, was uns sehr erstaunt hat, denn in Deutschland wäre erst einmal der Unterricht ausgefallen und es hätte den Lehrer fünf Minuten gekostet, Ruhe in den Raum zu bringen. Was uns genauso überraschte, waren die Lehrer, die die ganze Zeit geredet haben. Jede Frage, die sie den Schülern stellten, beantworteten sie im darauffolgenden Satz. Mündliche Mitarbeit existiert kaum, die Schüler sitzen dort und müssen mit dem Tempo des Lehrers mitkommen. Das ist nicht so wie in Deutschland, wo Lehrer ein Thema sogar Doppelstunden bearbeiten, weil es nicht jeder verstanden hat.”

Insgesamt machte der Schulbesuch die Unterschiede in den beiden sehr verschiedenen Bildungssystemen deutlich. „Mit Erstaunen nahmen unsere Schülerinnen wahr, dass hier bis zu 50 Schülerinnen und Schüler in einer Klasse sitzen, der Unterricht morgens um 7.00 Uhr beginnt und – mit nur wenigen Pausen – bis in die Abendstunden, zur Zeit sogar bis 21.30 Uhr geht“, sprach Dirk Neumann ein organisatorisches Detail an, das in seinen Augen zu großen Eingewöhnungsproblemen bei deutschen Lernern führen würde. „In China beeinflusst das Ergebnis der Abschlussprüfung, vergleichbar mit unserem Abitur, in sehr starker Weise das weitere Leben des chinesischen Jugendlichen. Vielfach lasten die hohen Erwartungen der Eltern- und Großelterngeneration auf den Schultern der Kinder, weshalb selbst an Wochenenden fleißig gelernt und Nachhilfestunden besucht werden. Leider scheinen dabei solche individuellen Neigungen auf der Strecke zu bleiben, die nicht für das schulische Abschneiden relevant sind.“, resümierte der Lehrer der Zitadelle die beiden Seiten des Bildungssystems.

Für den letzten Teil des Aufenthalts zog die deutsche Gruppe in ein Hostel in Shanghai. Von dort erkundeten sie die fünfzehn Millionen Menschen zählende Metropole und erlagen bald der Faszination dieser Stadt, deren Wolkenkratzer solchen in New York problemlos Konkurrenz macht. “Obwohl wir in Taicang bereits viele Wolkenkratzer sehen konnten, waren wir dennoch vom Anblick der Skyline Shanghais bei Tag und auch bei Nacht begeistert. Vom Flussufer aus konnten uns tagsüber einen ersten Eindruck verschaffen. Obwohl wir die Skyline bereits von Bildern kannten, waren wir erstaunt und eingeschüchtert zugleich, als wir sie zum ersten Mal von der Nanjing Road aus zu Gesicht bekamen“, waren sich Lennard und Hendrik einig. „Besonders sind uns der Oriental Pearl Tower, das Shanghai World Financial Center, auch als Flaschenöffner bekannt, und der Shanghai Tower aufgefallen. Ein zweites Mal bekamen wir die Skyline nach Sonnenuntergang zu Gesicht und hatten das Glück, eine außergewöhnliche synchrone Lichtshow auf den Fassaden der Hochhäuser zu beobachten. Während auf einem der Gebäude ein Countdown abwärts zählte, wurde die gesamte Skyline dunkel. Plötzlich wurden alle Gebäude grün eingefärbt, dann rot, und schließlich leuchteten sie wie ein Sternenhimmel. Schon für diese Eindrücke hat sich die Teilnahme am China-Austausch mehr als gelohnt.”

Überrascht waren die Jugendlichen aber davon, dass Shanghai trotz der immensen Größe insgesamt nicht voll und hektisch wirkte. Auch der Gegensatz zwischen Moderne und Tradition war bei der Reisegruppe immer wieder ein beliebtes Fotomotiv. Besonders auffällig und reizvoll war dies beim Besuch des Jiangsu-Tempels, der in der modernen Metropole wie aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Das Erleben einer buddhistischen Totenfeier, bei der unter dem Gesang der Mönche Geld und Speisen aus Papier für den Verstorbenen verbrannt wurden, war etwas Besonderes. Dabei konnten Zoe und Michelle auch beobachten, dass die Mönche auf Technik des 21. Jahrhunderts nicht verzichten müssen. „Überrascht waren wir von den Mönchen, da sie sehr traditionelle Gewänder trugen, aber trotzdem auf ihre modernen Handys schauten.“ Auch die vielen Buddha-Statuen ließen deutlich werden, dass eine Reise nach Fernost nicht nur kulinarisch neue kulturelle Horizonte erschließt, sondern in vielen Bereichen das gegenseitige Verständnis durch authentische Lernorte anbahnen und vertiefen kann. „Interessant war es zu sehen, wie groß diese Relikte sind, im Vergleich zu denen, die wir aus unseren Kirchen kennen. Wir fragten uns, wie diese riesigen Kultfiguren in die verhältnismäßig kleinen Räum­lichkeiten gekommen sind und wie viel Arbeit dahintergesteckt haben muss.“, waren sich beide Schülerinnen einig.

Und so war das Fazit der Gesamtgruppe am Ende des zehntägigen Aufenthalts einhellig: Schülerinnen und Schüler sowie die sie begleitenden Lehrkräfte waren sich darin einig, dass die Reise viel zu schnell zu Ende ging, dass sich die Erwartungen mehr als erfüllt haben und dass eine solche Austauschbegegnung ein wertvolles schulisches Angebot ist, das man an den Schulen weiter etablieren sollte. Das war auch der Tenor einer umfangreichen Evaluation unter allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die zwei Wochen nach der Rückkehr nach Jülich durchgeführt wurde. So schrieben befragte Ju­gend­liche, dass besonders wertvoll sei, dass man viele Unterschiede zwischen Deutsch­land und China habe feststellen können, diese Austauschreise aber auch einen neuen Blick auf China ermögliche, der dabei helfe, einerseits Vorurteile abzubauen, aber auch das Leben in einer westlichen Demokratie neu zu bewerten.

Als nächstes steht ein chinesischer Gegenbesuch in Jülich an – ein genauer Termin ist aber noch nicht bekannt.

D. Neumann