„Morgen…oder Madagaskar“ – Ein bewegendes Theaterstück über Sucht und Hoffnung

Am Mittwoch, den 30.Oktober hatten die Schülerinnen und Schüler unserer Jahrgangsstufe 9 die Möglichkeit, das eindrucksvolle Theaterstück „Morgen…oder Madagaskar“ vom Ensemble Radiks aus Berlin zu erleben. Dieses Stück richtet sich gezielt an Jugendliche und befasst sich mit den Themen Sucht, insbesondere Alkohol- und Drogenmissbrauch. Es bringt die Problematik auf kreative und zugleich erschütternde Weise näher, indem es Einblicke in das Leben der jungen Sophie gibt, die zunehmend in die Drogenabhängigkeit gerät. Dabei agierten nur zwei Schauspielende auf der Bühne, die geschickt zwischen verschiedenen Rollen wechseln und mit kleinen Bühnenumbauten selbst den Ablauf der Szenen gestalten.

Das Theaterstück beginnt ungewöhnlich: Das Publikum sitzt gespannt und wartet auf die Schauspielerinnen und Schauspieler, doch niemand erscheint. Stattdessen tritt Lukas auf die Bühne, der Hausmeistergehilfe, der eigentlich nur mit dem Aufbau der Kulissen beschäftigt ist. Schnell merkt das junge Publikum, dass Lukas nicht nur hinter den Kulissen arbeitet, sondern auch mit einer eigenen Geschichte in den Vordergrund tritt. Seine lockere Art entpuppt sich bald als Fassade, hinter der er ein ernsthaftes Problem versteckt. Er behauptet, ein Experte in Sachen Drogen und Sucht zu sein, doch nach und nach erfahren wir, dass Lukas selbst mit Alkoholabhängigkeit kämpft.

Der Beginn des Stücks wird von Conny, der Theaterpädagogin der Schauspielgruppe, die immer noch im Stau steckt, begleitet. Sie tritt schließlich auf die Bühne und erzählt über Sophie, ein junges Mädchen, dessen Leben und Abstieg in die Sucht durch Tagebucheinträge lebendig wird. Das Tagebuch ist das zentrale Element der Geschichte und gewährt Einblicke in Sophies Reise, die im Alter von zwölf Jahren beginnt und bis zu ihrem ersten Entzug mit zwanzig Jahren reicht. Gemeinsam mit Lukas, der spontan einspringt, beginnt Conny die Geschichte von Sophie darzustellen. Dabei wechseln die beiden Schauspielerinnen in Improvisationsmanier gekonnt zwischen den Rollen, wobei Lukas während des Spiels seine eigene Geschichte wiedererkennt und beginnt, ehrlich und offen über sein eigenes Leben und seinen Kampf gegen die Sucht zu sprechen.

Ein besonders bewegender Moment des Stücks ist der Augenblick, in dem Lukas gesteht, wie schwer es ihm fällt, den Weg aus der Abhängigkeit zu finden. Die Metapher „Madagaskar“ steht dabei für das fast Unerreichbare, einen Ort, der so weit entfernt ist wie sein Wunsch, den Alkohol endgültig hinter sich zu lassen. „Madagaskar ist weit weg,“ sagt er schließlich. „So weit wie meine Hoffnung, vom Alkohol loszukommen – aber vielleicht fang ich morgen an.“ Dieser Satz spiegelt die Verzweiflung und das ewige Aufschieben eines Neuanfangs wider, das viele Betroffene nur allzu gut kennen.
Das Besondere an „Morgen…oder Madagaskar“ ist nicht nur die eindrucksvolle Darstellung der Abwärtsspirale, die eine Sucht mit sich bringt, sondern auch die direkte Ansprache des Publikums. Am Ende des Stücks wendeten sich die beiden Schauspielenden direkt an die Schülerinnen und Schüler und luden zu einem Gespräch ein. Unsere Neuntklässler durften über ihre Eindrücke sprechen aber auch persönliche Fragen stellen, die die Schauspielenden sehr ehrlich und offen beantworteten und damit einen nachhaltigen Eindruck hinterließen. „Morgen …oder Madagaskar“ ist damit ein sehr gelungenes Beispiel dafür, wie Theater schwierige Themen auf eine zugängliche Weise behandelt und den Zuschauern dabei wertvolle Einsichten und Denkanstöße mit auf den Weg gibt.

Die Schauspielerin und der Schauspieler waren sehr angetan von unserem aufmerksamen und interessierten Publikum und freuten sich ebenfalls über den positiven Austausch im Nachgespräch.

P. Pflugfelder & P. Dethier