Dr. Oskar Viedebantt


Dr. Oskar Viedebantt
Schulleiter des Nationalsozialismus


Von Dr. Peter Nieveler


Es ist recht schwierig, Quellen über Fakten und Menschen zu deuten, die in einer Zeit gelebt und gewirkt haben, in der man bei der Gefahr harter und härtester Strafen kaum wagen konnte, die eigene Meinung zu vertreten oder gar zu verteidigen. Die Zeit des Nationalsozialismus ist unter solchen Vorzeichen zu sehen. Darum ist das, was über den Schulleiter des Staatlichen Gymnasiums Jülich in dieser Zeit gesagt werden kann, nie ganz eindeutig und meist wie unter einem Schleier verborgen.
Dass der Nationalsozialismus Exzesse höchster Unmenschlichkeit hervorgebracht und durchgesetzt hat, dass er dafür willige Helfer brauchte und fand, die verbrecherisch und unmoralisch genug waren, jede auch noch so unmenschliche Tat durchzuführen, muss wahrhaftig nicht mehr begründet werden.
Wenn man aber nicht über alle Deutschen dieser Zeit von vornherein den Stab brechen will, so muss man dennoch sehen, dass sich nur wenige zum Widerstand berufen fühlten, sehr viele aber nicht, weil sie glaubten, ihre Familien schützen zu müssen, weil sie auch fehlgeleitet waren in der Meinung, im »Führer Adolf Hitler« einen neuen Erlöser sehen zu können, einen Befreier von der Schmach und den Folgen des Ersten Weltkriegs, weil viele auch glaubten, sich mit diesen Machthabern arrangieren zu dürfen, weil sich ja die katholische Kirche mit dem Reichskonkordat vom Juli 1933 [1] auch arrangiert hatte, dann wird deutlich, wie schwierig es ist, Quellen und Unterlagen aus dieser Zeit richtig einzuordnen. Die Wahrheit lässt sich nur schwer und manchmal gar nicht ermitteln.
Am 14. März 1934 wurde der katholische Geistliche, Prälat Dr. Michael Schnitzler [2], aus seinem Amt als Leiter des Staatlichen Gymnasiums Jülich verdrängt und mit Wirkung vom 30. Juni 1934 in den Ruhestand abgeschoben. Die rechtliche Grundlage dafür hatten die Nationalsozialisten sich durch das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 06.April 1933 selbst geschaffen. Darin hieß es in § 6: „Zur Vereinfachung der Verwaltung können Beamte in den Ruhestand versetzt werden, auch wenn sie noch nicht dienstunfähig sind.“, und in § 7(1):

Abb. 1: Oskar Viedebantt in seiner Jülicher Zeit. Foto bei Wallraff S.389 und bei Gunia S.6

„Die Entlassung aus dem Amte […] und die Versetzung in den Ruhestand wird durch die oberste Reichs- oder Landesbehörde ausgesprochen, die endgültig unter Ausschluss des Rechtsweges entscheidet.“ Für Nationalsozialisten waren katholische Geistliche in herausgehobenen Stellungen und vor allem in der Schule nicht tragbar. [3]
An seine Stelle trat am 01. Juli 1934 Dr. Oskar Viedebantt. Er kam aus Lingen an der Ems und blieb Schulleiter des Staatlichen Gymnasiums Jülich bis zum 31. Mai 1945, als er kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den vorläufigen Ruhestand versetzt wurde. [4] Er war damals zweiundsechzig Jahre alt und starb noch 1945, bevor eine Behörde sich weiter mit ihm befasste. Faktisch allerdings existierte sein Amt schon seit dem 03. September 1944 nicht mehr, als in Jülich wegen der immer näher an die Stadt heranrückenden Front und ständiger Luftangriffe alle Schulen geschlossen wurden. Der 03. September war ein Sonntag, und am darauffolgenden Montag fand kein Unterricht mehr statt. [5]
Die Wirkungszeit Viedebantts in Jülich war also die Zeit des Nationalsozialismus, und man muss eigentlich unterstellen, dass er ein zuverlässiger Nationalsozialist war, weil man ihn sonst kaum nach Jülich an die Stelle Schnitzlers versetzt hätte. So oder so ähnlich sehen und sagen es auch Herbert Lepper, Günter Bers, Horst Wallraff und Wolfgang Gunia. [6] Die wenigen bisher über Viedebantt veröffentlichten Zeilen und die erhaltenen Akten zeigen einen Schulleiter, der getreu seinem Eid als Beamter den Gesetzen und Erlassen seines Dienstgebers gehorsam Folge leistete und der nur in Ausnahmefällen widersprach. Sie zeigen allerdings an keiner Stelle einen fanatischen Nationalsozialisten. Im Übrigen ist von denen, die sich bisher mit Viedebantt beschäftigt haben, nur Lepper auf einige Quellen genauer eingegangen, bei denen es vor allem um Schreiben zwischen dem Schulleiter und der oberen Schulbehörde in Koblenz ging. Lepper stellt auch dar, dass es dem Direktor nicht gelungen ist, einen wirklichen Kontakt zwischen Schule, Lehrerschaft und Elternhaus im Sinne nationalsozialistischer Zusammenarbeit herzustellen, obschon er sich wohl doch darum bemüht hat, Eltern, Schülern und Lehrern die Erziehungsvorstellungen des »Führers« nahezubringen. So schreibt er an den Oberpräsidenten in Koblenz, Abt. für Höheres Schulwesen, am 14. Juni 1935: „Kontakt und Konnex zwischen Elternhaus und Schule lassen in unserem Landstädtchen leider im allgemeinen noch manches zu wünschen übrig…“[7] Im Verlauf des Briefes heißt es dann: „Die Jugendwalter [8] haben mir besondere Anregungen bisher nicht gebracht. Aber die richtige Erkenntnis für die Aufgaben der Schulgemeinde ist bei ihnen allen vorhanden, und ihr ernstes Wollen, bei der Umgestaltung der höheren Schule und bei der nationalsozialistischen Formung der deutschen Jugend mitzuhelfen wird, wenn der Boden erst etwas gelockert sein wird, gewiß zu entsprechender Auswirkung kommen.“ Viedebantt scheint zwischen den Seiten zu lavieren. Vieles gefällt ihm nicht; dennoch tritt er mit Nachdruck für die sicher falsche Sache ein. So sagt er im selben Schreiben: „Am zweiten Abend wurden die Erziehungsgrundsätze des nationalsozialistischen Staates (Körper, Seele, Geist) im Anschluss an das Erziehungskapitel aus Adolf Hitlers Buch »Mein Kampf« behandelt.“ Dabei muss herausgestellt werden, dass die Erziehung sich zuerst auf den Körper, dann auf die Seele und erst zuletzt auf den Geist konzentrieren sollte.
Dass dem engagierten und hervorragenden Altphilologen Oskar Viedebantt die Umwandlung des altsprachlichen Gymnasiums in Jülich in eine »Deutsche Oberschule« im Jahre 1937 mit Englisch als Anfangssprache nicht gefallen konnte, wurde deutlich, als er sich in mehreren Schreiben über das Thema mit den zuständigen Stellen des Oberpräsidenten anlegte [9] – natürlich ohne Erfolg.
Manchmal hat auch sein Beamtenherz gegen den nationalsozialistischen Staat aufgemuckt, wenn der von ihm Dinge verlangte, die ihm auch sachlich schlecht erschienen. So schreibt ihm die »NSDAP. Hitler-Jugend, Gebiet Köln-Aachen (11)» unter gewaltigem Briefkopf: „Nach einer Bestimmung des Gaubeauftragten des NSLB [10] […] werden die Jungen der 4. Volksschulklasse ohne Aufnahmeprüfung in die 1. Klasse der Oberschule aufgenommen. Heil Hitler!“ Ungerührt nahm er Stellung zu diesem Schreiben, wandte sich an den Oberpräsidenten und schrieb: „Da ich Weisungen nur von meiner vorgesetzten Dienstbehörde entgegenzunehmen habe, bitte ich um Feststellung.“ [11]
An keiner Stelle der erhaltenen Akten kann man eine Spur von nationalsozialistischer Gesinnungsschnüffelei bei Viedebantt belegen. Nur an einer Stelle ließ sich nach Lepper Viedebantt in seinen Schreiben nach Koblenz über einen Kollegen aus, den er in diesem Zusammenhang „selbstherrlich (und) zur Opposition neigend“ nannte. Diese Aussage wollte er aber nicht als Opposition gegen den Nationalsozialismus gedeutet wissen. [12] Hier könnte es sich, wie Lepper auch meint, vielleicht eher um Opposition gegen den allzu autoritären Führungsstil des Schulleiters gehandelt haben, was nach Lepper die Beschwerdebriefe von einigen Eltern an das Schulkollegium in Koblenz unterstreichen könnten.
Bemerkenswert sind im Zusammenhang von Viedebantts nicht selten sehr ambivalenter Haltung zum Nationalsozialismus auch folgende Tatsachen: Erstens muss deutlich festgestellt werden, dass Jülich nicht die Stadt seiner Träume war. Er hat sich nicht auf die Stelle des Schulleiters am Staatlichen Gymnasium Jülich beworben. Er wurde vielmehr versetzt gemäß dem schon genannten »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«, nach dem auch Schnitzler in den Ruhestand geschickt worden war. Bei Viedebantt wurde der § 5(1) angewandt: „Jeder Beamte muss sich die Versetzung in ein anderes Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn, auch in ein solches von geringerem Rang […] gefallen lassen, wenn es das dienstliche Bedürfnis erfordert.“ [13] Das hört sich nach einer Zwangsversetzung an, über deren Gründe noch zu sprechen sein wird. [14] Entsprechende Schreiben erhält Viedebantt von der Aufsichtsbehörde am 30.September 1933 und am 20.01.1934. Zweitens muss darauf hingewiesen werden, dass Viedebantt zwar schon am 01. August 1933 unter der Mitgliedsnummer 160394 dem »Nationalsozialistischen Lehrerbund« (NSLB) beitrat, aber erst am 01. Mai 1937 unter Mitgliedsnummer 4616321 Mitglied der NSDAP wurde. [15] Der frühe Eintritt in den NSLB ist kaum etwas Besonderes, wurde doch der 1927 gegründete NSLB nach der Machtergreifung Adolf Hitlers im Januar 1933 der einzige Verband deutscher Lehrer aller Schulen. In ihm gingen frühere Einzelverbände auf wie der 1903 gegründete Deutsche Philologenverband, dem nur Gymnasiallehrer angehören konnten. Diesem hatte Viedebantt angehört, wie seine Karteikarte beim Bundesarchiv ausweist. Der Philologenverband war eine eher ge-werkschaftliche Organisation zur Vertretung der Rechte ihrer Mitglieder, während der NSLB als ideologische Gruppierung die Durchdringung der gesamten Lehrerschaft im nationalsozialistischen Sinne zum Ziel hatte. [16]
Zusammen mit Oskar Viedebantt trat seine Frau Käthe Viedebantt in die NSDAP ein. [17] 1937 ist für führende Beamte ein sehr später Zeitpunkt, und auch darüber wird noch zu sprechen sein. [18]
Oskar Viedebantt wurde am 18. September 1883 in Krefeld geboren. Seine Eltern waren Franz Viedebantt und Adele geb. Lettgau. Der Vater war Samt- und Seidenwaren-Großhändler. Er hatte sein Geschäft 1880 selbst gegründet. Die Familie hatte vier Kinder, neben Oskar noch einen Sohn, der im Ersten Weltkrieg fiel, und zwei Töchter. [19] Oskar Viedebantt hat am Ersten Weltkrieg nicht teilgenommen. Die Gründe sind nicht bekannt. Die Abiturprüfung bestand er im Februar 1903 am Gymnasium in Krefeld, dem heutigen Arndt-Gymnasium. Dort befinden sich auch noch seine Abitur-Arbeiten. [20] Er war katholisch und ein besonderer Freund, Kenner und Könner der alten Sprachen Griechisch und Latein. Sein Studium der lateinischen Philologie und der Geschichte begann er in Münster und Marburg, bevor er für sechs Semester nach Straßburg wechselte und dort auch am 29.02.1908 promoviert wurde. Seine Doktorarbeit war lateinisch verfasst und hatte den ebenfalls lateinischen Titel »Quaestiones epiphanianae metrologicae et criticae«. [21] Im Deutschen würde der Titel etwa lauten: »Metrologische und kritische Fragen zu Epiphanius«. Epiphanius von Konstantia, dem alten Salamis, war Bischof von Zypern. Er lebte von 315 bis 402 und war in erster Linie Theologe. [22] Auf der ersten Seite seiner Dissertation macht Viedebantt deutlich, dass die »Maße und Gewichte« bei Epiphanius nur ein Nebenproblem sind.

Abb.2: Beginn der Dissertation Oskar Viedebantts.

Ins Deutsche übertragen lautet der vorliegende lateinisch / griechische Text: „Das Werk des Bischofs Epiphanius von Zypern, das den Titel trägt: »Maße und Gewichte«. Unter den Werken des Epiphanius von Konstantia, des Bischofs von Zypern, befindet sich ein kleiner Abschnitt, der in manchen Handschriften überschrieben ist »Die Maße und Gewichte«. Dieser Titel stammt aber nicht von Epiphanius selbst, sondern, bei Licht betrachtet, sind die »Maße und Gewichte« nur ein sehr kleiner Teil des Werkes.“
Mit der Untersuchung der Probleme antiker Metrologie, der Lehre von den Maßen und Maßsystemen, hatte Viedebantt sein wissenschaftliches Thema der nächsten zwei Lebensjahrzehnte gefunden.[23] Es erscheinen mehrere Werke oder Aufsätze zu diesem Thema:
  • Viedebantt,Oskar, Altes und ältestes Weg- und Längenmass. Berlin, Behrend & Co., 1913, Zeitschrift für Ethnologie, 45. Jahrgang, Heft VI.
  • Viedebantt,Oskar, Forschungen zur Metrologie des Altertums. Leipzig 1917.
  • Viedebantt, Oskar, Eratosthenes, Hipparchos, Poseidonios. Ein Beitrag zur Geschichte des Erdmessungsproblems im Altertum. Klio 14, 1915.
  • Viedebantt, Oskar, Antike Gewichtsnormen und Münzfüße, Berlin, Weidmannsche Buchhandlung, 1923.
Daneben bemüht er sich um die Herausgabe klassischer antiker Texte für den Schulgebrauch mit noch heute gut nutzbaren inhaltlichen Bearbeitungen. Bei dem bekannten Schulbuchverlag Velhagen & Klasing erscheinen:
  • Viedebantt, Oskar (Bearb.), Seneca, der Mensch, der Staatsmann und Philosoph. Auswahl aus seinen Werken nebst Auszügen aus anderen Schriftstellern. Bearb. von Oskar Viedebantt. Sammlung griechischer und lateinischer Schulausgaben, Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1927.
  • Viedebantt, Oskar Dr. (Hrsg.), Titus Livius, Auswahl aus der ersten Dekade. Charakterbilder des Vir vere Romanus, Entwicklungsszenen der Res publica populi Romani Quiritium, Text, Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig, 1931. [24]
In diesen ersten Lebensjahrzehnten gründete O. Viedebantt zudem auch eine Familie und bemühte sich um sein berufliches Weiterkommen. Dazu wurde er Gymnasiallehrer mit den Fächern Griechisch, Lateinisch und Geschichte.
Am 07. Juli 1910 heiratete er Käthe Reuschert, die in Metz geborene Tochter eines lothringischen Gymnasiallehrers, dessen Vorfahren allerdings auch aus dem Rheinland, nämlich aus dem Kreis Heinsberg stammten. Sie wurde am 18.April 1884 geboren und war wie ihr Vater Gymnasiallehrerin. Sie war evangelisch, und die beiden heirateten protestantisch.

Abb. 3: Inhaltsverzeichnisses des Werkes »Antike Gewichtsnormen und Münzfüße« von O. Vedebantt, Berlin 1923.

Die Konfessionen waren damals in Beruf und Gesellschaft noch viel wichtigere Faktoren als heute. Im Bericht über eines seiner Referendarjahre in Potsdam, glaubte daher der Berichterstatter sagen zu müssen, nachdem er auf die konfessionsverschiedenen Verhältnisse der Familie Viedebantt hingewiesen hatte: „Dr. Viedebantt ist jedoch kein gleichgültiger Katholik. Das zu erwartende Kind dürfte katholisch erzogen werden.“ – Es wurde dann doch evangelisch in der Konfession der Mutter erzogen, wie das damals üblich war. Im Übrigen hatten die beiden zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn. [25]
Das erste Staatsexamen bestand Viedebantt am 12. Dezember 1908. Sein erstes Referendar-Jahr absolvierte er in Landsberg an der Warthe [26] Bei seinen Personalakten im Haupt-Staatsarchiv Düsseldorf liegt seine Seminararbeit aus diesem Jahr: »Platons Gorgias. Eine Studie zu seiner Behandlung in der Prima des Gymnasiums.« Nach dem Assessor-Examen „Zweite Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen“ 1910 in Landsberg unterrichtete Viedebantt In seinem zweiten Referendar-Jahr, damals Probejahr genannt, am Königlichen Victoria Gymnasium in Potsdam. [27] Im Bericht aus Potsdam heißt es über ihn: „Dr. Viedebantt ist ein philologisch ungewöhnlich gut geschulter junger Mann.“
Als Stipendiat der »Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften« [28] wurde Viedebantt 1911/12 für eine sechsmonatige Italienreise zum Studium metrologischer und medizinischer Quellen vom Schuldienst beurlaubt. Er verbrachte diese Zeit in Italien zusammen mit seiner Familie. 1920 war er Studienrat am Kaiserin Augusta Gymnasium in Charlottenburg. [29]

Abb. 4: Viedebantt als Herausgeber und Bearbeiter.

Vielleicht machen diese beiden letzten Daten in der Zusammenschau deutlich, warum er den Schuldienst so weit im Osten aufgenommen hatte. Es ging ihm wohl um eine Stelle in der Nähe von Berlin, weil er glaubte, sich hier eher und besser neben der Schule der Wissenschaft widmen zu können. In Charlottenburg scheint ihm das gelungen zu sein.
Inwieweit er sich in der Folgezeit um eine Schulleiter-Stelle bemüht hat, ist nicht zu klären, da keine schriftlichen Bewerbungsunterlagen vorliegen. Allerdings erbat das preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom Provinzial-Schulkollegium in Berlin am 02.April 1924 eine Stellungnahme über Viedebantts Eignung zum Schulleiter. Das Schulkollegium wandte sich an den Schulleiter des Kaiserin Augusta Gymnasiums. Dessen Rückmeldung vom 29.April 1924 fällt äußerst positiv aus: „Studienrat Dr. Viedebantt ist ein Lehrer von gründlichem Wissen in seinen Fächern, von gutem Lehrgeschick und unbedingter Disziplin, und er weiß auch, dass er etwas leistet. Weniger trat bisher seine Fähigkeit hervor, etwa vorhandene Gegensätze zu schlichten.“ [30] Am 12. April 1927 wird Oskar Viedebantt zum Oberstudienrat am Staatlichen Kaiserin Augusta Gymnasium in Charlottenburg befördert und erhält eine speziell für ihn eingerichtete Stelle. Gleichzeitig wird er Fachberater [31] beim Provinzial-Schulkollegium Berlin. Das ist anscheinend eine Entschädigung dafür, dass er als Katholik in Berlin als Schulleiter nur ungern gesehen wäre. Dass ihm diese Beförderung wohl wichtig ist, beweist die Tatsache, dass er sie in seinen Veröffentlichungen ausführlich nennt, wie in seiner Seneca-Ausgabe zu sehen ist.
Am 01.Dez.1930 verließ er aber dann doch Berlin und wurde Schulleiter des Staatlichen Gymnasiums Georgianum in Lingen an der Ems. Die Bevölkerung dort ist gemischt evangelisch-katholisch mit einem größeren Anteil an Katholiken. [32] Viedebantt kam an eine Schule mit sehr langer Tradition [33], in eine Stadt, die politisch mit großer Mehrheit das katholische Zentrum wählte, und in eine Region, in der die Nationalsozialisten noch 1933 ihre schlechtesten Ergebnisse hatten. Führer des Zentrums in der Stadt und in der weiten Region war Gerhard Schwenne, ein katholischer Geistlicher, Vikar in Lingen und seit 1918 Studienassessor und Studienrat an der Schule, die Viedebantt nun leitete. Nach eigenen Angaben war Viedebantt zwischen 1925 und 1933 auch Zentrumsmitglied. Schwenne gewann noch 1932 einen Prozess wegen Verleumdung gegen die Nationalsozialisten, deren Anführer und Kreisleiter in Lingen ein Student mit Namen Erich Plesse war. Er wurde in Lingen nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 auch Bürgermeister und tat nun alles, um Schwenne aus Lingen zu vertreiben. Mit den Paragraphen des »Gesetzes zur Wiedereinführung des Berufsbeamtentums« [34] gelang das auch 1934. Und er wurde nicht nur aus Lingen, sondern auch aus der Provinz Hannover versetzt, und zwar nach Siegburg.
Nun war Viedebantt kein bekennender Gegner des Nationalsozialismus. Aber zumindest Plesse sah in ihm einen harten Gegner und wollte ihn in Lingen nicht haben. Man warf ihm vor, mit Hilfe des Zentrums unter den Katholiken und den Protestanten in Stadt und Schule Unfrieden gestiftet, bei der Nationalhymne den Hut nicht gezogen zu haben sowie ein „Träger der Politik des verflossenen Systems“ und eben Zentrums-Mitglied zu sein. Nach Berlin berichtete Plesse Anfang 1933: „Herr Studiendirektor Viedebantt ist Mitglied der Zentrumspartei und hat schon des öfteren uns Gelegenheit gegeben, seine Einstellung gegen die nationalsozialistische Bewegung kennenzulernen.“ Am 27.02.1933 erhält Plesse die Antwort: „Den Studiendirektor Dr. Viedeband (!) werden wir uns für später merken.“ [35]
Ganz ohne Zweifel sucht Viedebantt nach diesen Angriffen zu Kreuze zu kriechen und sich auf die Seite der »März-Gefallenen« zu schlagen. Mit diesem Begriff verspotteten die alten Mitglieder der National-Sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei Adolf Hitlers diejenigen – vor allem Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes -, die 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Wahl vom März 1933 in die Partei Hitlers eintreten wollten. Diesen Neumitgliedern wurde bloßer Opportunismus unterstellt, und das entsprach in vielen Fällen auch den Tat¬sachen. [36] Um den Einfluss der neu eintretenden Massen klein zu halten, verfügte die Partei zum 01. Mai 1933 einen vierjährigen Aufnahmestopp.
Viedebantt versucht, in Plesse einen Fürsprecher seines Aufnahmeantrags zu finden. Aber er kommt zu spät, oder man traut ihm nicht. Die von der NSDAP gesteuerte »Kommission für höhere Schulen« nennt ihn am 07. August 1933 „schwer belastet“ gegen das NS-Regime und will über ihn „an den Herrn Minister“ berichten. In der Zwischenzeit musste Viedebantt einen langen Fragebogen ausfüllen und sich so einer Persönlichkeitsanalyse unterziehen. Am Ende seiner Antworten auf die Fragen schrieb er: Ich „schließe mit der Versicherung, dass ich zu ehrlicher und redlicher Mitarbeit als überzeugter Anhänger des Nationalsozialismus im Sinne des Führers bereit bin. Zumal der Abschluss des Reichskonkordates hat mir die letzten Steine aus dem Weg geräumt. Heil Hitler!“ [37] Ob er mit dem Einschub »im Sinne des Führers« diesen vom Lingener Nationalsozialismus Plesses unterscheiden wollte? – Wer kann das heute wissen? Jedenfalls aber trat er nach Ablauf der Sperrfrist und genau vier Jahren im Mai 1937 mit seiner Frau in die NSDAP ein.
Frau Käthe Viedebantt wurde von den Lingener Ereignissen anscheinend sehr tief getroffen. Mehrfach verweist sie in den Akten, die ihren Kampf um Versorgungsansprüche dokumentieren, immer wieder darauf, dass man 1937 in die Partei eingetreten sei, um nicht wieder so etwas wie in Lingen zu erleben.
Der »Lingener Volksbote«, die damalige Tageszeitung in Lingen, hat den Streit zwischen Zentrum und NSDAP und auch einen später noch folgenden zwischen der Hitler-Jugend und dem katholischen »Bund Neudeutschland« intensiv dokumentiert. Ausschnitte aus dieser Zeitung finden sich auch in der in Anm. 13 genannten Personalakte Viedebantts im Haupt-Staats-Archiv Düsseldorf. Die Anfänge der schweren politischen Auseinandersetzungen in Lingen im Jahr 1932 finden sich auch schon in einem kleinen Heftchen, das Oskar Viedebantt im November 1932 veröffentlichte. Es hat den Titel »Das Lingener Gymnasium seit der Neuordnung des höheren Schulwesens im Königreich Hannover 1829 – 1932. Auf Grund der Akten dargestellt.“ und ist ebenfalls seiner Personalakte beigefügt.
Den Nationalsozialisten in Lingen hat Viedebantts Fragebogen-Treueschwur vom August 1933 anscheinend dennoch nicht behagt – oder sie haben ihn richtig gelesen. Jedenfalls erhält der Schulleiter schon am 30.09.1933 seine nach § 5 des »Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vorgesehene Versetzung in ein Amt gleichen Ranges. [38] In Aussicht genommen ist für ihn die Schulleiterstelle in Jülich oder die in Kleve. Zumindest in Jülich ist die Stelle zu diesem Zeitpunkt noch nicht vakant. Der Stelleninhaber Dr. Michael Schnitzler wird nämlich erst am 14.März 1934 in den Ruhestand versetzt [39], während Dr. Oskar Viedebantt schon am 20.01.1934 vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz in Koblenz seine Versetzung nach Jülich erhält. [40]
Viedebantt zieht in Jülich in die Dienstwohnung des Schulleiters des Staatlichen Gymnasiums, Neußerstraße 9. Da Schnitzler schon frühzeitig verzogen ist, bezieht Viedebantt die Wohnung schon am 19.Juni 1934, obwohl sein Dienst in Jülich erst am 01. Juli 1934 beginnt. [41] Ob er sich in den zehn Jahren seiner Jülicher Tätigkeit hier wirklich wohlgefühlt hat, sei dahingestellt. Er engagierte sich zwar in den Untergruppierungen der NSDAP, vor allem auch in Feuerwehr und Luftschutz; aber das sind Posten, die damals zu denen eines Schulleiters dazugehörten. Als nach dem Tod von Adolf Fischer der Jülicher Geschichtsverein am 12. Juli 1937 den Notar Dr. Robert Angerhausen zum ersten Vorsitzenden wählte, wurde Dr. Oskar Viedebantt zweiter Vorsitzender; allerdings bestand der Verein nur noch bis zum 31.Dezember 1939. Er erlosch, als Angerhausen aus Jülich verzog. Viedebantt wurde nicht sein Nachfolger. [42]
Noch einmal – ein letztes Mal – versuchte Viedebantt, seine Lebens- und Berufsperspektive zum Besseren zu ändern. Nach dem für die deutschen Armeen überaus erfolgreichen »Westfeldzug«, bei dem in der Zeit vom 10. Mai bis 25. Juni 1940 Belgien, Luxemburg, die Niederlande und Frankreich besiegt und besetzt wurden, suchte man Lehrer [43] für das nun wieder deutsche Elsass, das nach seiner Zugehörigkeit zu Frankreich zwischen 1919 und 1940 gründlich germanisiert werden sollte. Die Einwohner aller grenznahen Gebiete des Elsass wie auch dessen Hauptstadt Straßburg waren schon 1939 evakuiert worden. Zurückkehren durften nach dem deutschen Sieg nur Einwohner elsässischer Herkunft. [44]
Am 24.Oktober 1940 bewarb sich Viedebantt in den elsässischen Schuldienst – vielleicht ja auch in Erinnerung an schöne Jugend- und Studientage in Straßburg. In seinem Brief nach Koblenz sprach er von einer Stelle im Elsass, „die meiner schulischen und wissenschaftlichen Vergangenheit entspricht und in der ich meinem Volke das geben kann, was meine mir vom Schöpfer verliehenen Kräfte vermögen, für die in Jülich in wissenschaftlicher und seit der Umwandlung des Gymnasiums in die Form der Oberschule auch in schulischer Hinsicht kein rechtes Betätigungsfeld ist.“ Man mag zu einem solchen Bewerbungstext stehen wie man will; man kann daraus aber wohl ablesen, dass Jülich nicht Viedebantts zweite Heimat geworden war, und es bleibt einigermaßen erstaunlich, warum ein Mann in leitender Stellung im öffentlichen Schuldienst die von den Nationalsozialisten gerade erst 1937 neu eingeführte und in ihrem Sinne fortschrittliche Schulform der »Deutschen Oberschule« derart ablehnend in sein Bewerbungsschreiben einbezieht. – Und: Auch im Elsass gab es nur noch »Deutsche Oberschulen«! – Es kam, wie es eigentlich kommen musste. Das Gesuch Viedebantts wurde am 18. Februar 1941 abschlägig beschieden. [45]
Die letzten Jahre Viedebantts in Jülich waren dann wahrlich für einen Lehrer und Schulleiter kein Zuckerschlecken. Fast täglich änderten sich die Klassenstärken, weil sich Schüler freiwillig zum Kriegsdienst meldeten. Das Lehrerkollegium wurde immer kleiner, weil einzelne Kollegen eingezogen wurden. Und wenn schon die »Deutsche Oberschule « nur mehr acht Schuljahre umfasste, so wurde diese Zeit auch noch laufend durch vorzeitige Reifeprüfungen oder bloße Reifevermerke verkürzt, wodurch dem Regime dann mehr und schneller Soldaten zur Verfügung standen. [46] Schließlich hatten die alliierten Heere nach der Invasion am 06. Juni 1944 im September desselben Jahres die Westgrenze des deutschen Reiches erreicht, und bald tobte der Krieg in Jülichs unmittelbarer Nähe. Seit dem 04.September gab es keinen Unterricht mehr. Am 06., 08. und 29.Oktober war die Stadt unmittelbares Ziel alliierter Bomberverbände, und dauernd lag sie in dieser Zeit im Feuer feindlicher Artillerie. Die Bevölkerung wurde nach und nach in die noch sicheren Teile Deutschlands evakuiert – nach Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.
Wann Viedebantt Jülich verließ, ist unbekannt. Jedenfalls erlebte er die völlige Zerstörung Jülichs am 16. November 1944 nicht mehr in der Stadt. Das geht aus dem einzig erhaltenen persönlichen Dokument Viedebantts, einem Brief vom 14. Januar 1945 an seine Jülicher Schulsekretärin Maria Deneffe hervor. [47] Er beklagt in diesem Brief den Verlust der Heimat, hofft aber auf eine bessere Zukunft. [48] Die Evakuierung hatte ihn nach Pössneck in Thüringen, rund zwanzig km südlich von Jena,
Abb.5: Auszug aus einem Brief Dr. Viedebantts an Maria Deneffe „Pößneck, 14.12.1945, Obere Grabenstraße 21
„Liebes Fräulein Deneffe! So sind wir also Leidensgefährten und können uns gegenseitig bedauern und trösten: wir haben nahezu alles verloren, sind aus der Heimat verbannt und hoffen doch, diese Heimat, das Rheinland und seine Menschen, noch einmal wiederzusehen und irgendwie dort unterzukommen! Ja wenn die Hoffnung nicht wäre, an die man sich klammern kann! Was sie wert ist, wird einem im Unglück erst recht klar. Alles verloren -: die Hoffnung bleibt! Dank dem Allmächtigen, dass er uns diesen haltenden Anker geben hat!“


Auszug aus der Todesanzeige für O. Viedebantt mit dem Eingangsstempel der Stadt Jülich vom 08.02.1946
Erst einige Wochen später erhielten die Stadt Jülich und auch das Staatliche Gymnasium Jülich eine Todesanzeige erhielt.50 Als diese Anzeige verschickt wurde, wohnte Frau Viedebantt, wie die Anzeige selbst ausweist, nicht mehr in Pössneck, sondern in Vluyn – heute Neukirchen-Vluyn – im Kreis Moers. Das Staatliche Gymnasium Jülich wollte wohl den Schulleiter Dr. Viedebantt und dessen Zeit in Jülich möglichst schnell vergessen. In der »Festschrift 50 Jahre Gymnasium Jülich 1905-1955« wird auf S.51 zu Viedebantt vermerkt „Aufenthalt unbekannt“. Selbst seinen Tod hatte man übersehen. [51]
verschlagen. Sein Wunsch, das Rheinland noch einmal zu sehen, ging nicht in Erfüllung. Er starb am 15. Dezember 1945 im Krankenhaus in Ranis in der Nähe von Pössneck, wo er allerdings nicht begraben wurde. [49]

Abb. 6: Todesanzeige mit Eingangsstempel der Stadt Jülich.

Abb. 7: Ausschnitt aus dem Beileidschreiben des kommissarischen Jülicher Bürgermeisters vom 11.02.1946 an Frau Viedebantt.

Getreu dem lateinischen Spruch »de mortuis nil nisi bene« [52] schrieb der damalige kommissarische Bürgermeister Dr. Fligg [53], der den Verstorbenen wohl kaum oder gar nicht gekannt hatte, an Frau Viedebantt:
Anscheinend hat Oskar Viedebantt zu Lebzeiten Wert darauf gelegt »Mitglied des deutschen archäologischen Instituts DAI« zu sein, sonst hätte dieser Hinweis wohl kaum in der Todesanzeige gestanden. Das DAI ist eine 1829 gegründete international tätige wissenschaftliche Forschungseinrichtung, die heute als Bundesanstalt mit Hauptsitz in Berlin zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts gehört. Ihre ca. 120 Mitarbeiter führen Ausgrabungen und Forschungen im Bereich der Archäologie und deren Nachbardisziplinen durch. [54] „Dass Viedebantt Mitglied des DAI war, hat zunächst zu bedeuten, dass er dem Institut recht nahe stand, bei seiner Ausrichtung als klassischer Archäologe nicht verwunderlich. Das Institut nimmt jedes Jahr renommierte Wissenschaftler als Mitglieder auf, diese arbeiten jedoch nur in Ausnahmefällen für das Institut direkt.“ [55]
Es sei noch darauf hingewiesen, dass Oskar Viedebantt am 01.11.1945 in Pössneck mit Leumundszeugnissen aus dieser Gemeinde Mitglied der erst im Sommer und Herbst desselben Jahres in Deutschland neu gegründeten CDU wurde. [56] Warum? – Dieses Geheimnis nahm er mit ins Grab.
Frau Käthe Viedebantt kämpfte in der Folge drei Jahre lang um ihre Witwen-Versorgung. Am 18.12.1947 entschied der »Entnazifizierungsausschuss des Landkreises Jülich« nach Überprüfung der Entnazifizierungsakten beider Ehegatten, keine Einwände gegen die Zahlung der regulären Pension an Frau Viedebantt zu haben. Erst für die Zeit ab 01.12.1948 genehmigte der »Entnazifizierungs-Hauptausschuss in Düsseldorf« schließlich die Zahlung der vollen Witwen-Bezüge eines Studiendirektors für Frau Viedebantt. Dabei wurde positiv vermerkt, dass Dr. Oskar Viedebantt vom 01.04.1909 bis zum 31.05.1945 ununterbrochen im öffentlichen Dienst tätig gewesen war. Frau Käthe Viedebantt starb am 12. Mai 1954. [57]
Oberstudiendirektor Dr. Oskar Viedebantt bleibt in der späten Nachbetrachtung eine zwiespältige Persönlichkeit, „ein im Winde schwankendes Rohr“ [58], ein Mann, der Vieles wollte, aber oft an sich selbst scheiterte. Sehr früh hatte er wissenschaftlichen Erfolg, und für die Wissenschaft schien er geschaffen, aber dann zog es ihn in eine leitende Stellung im Schuldienst. Er suchte seine Wissenschaft in Berlin zu pflegen und ging doch nach Lingen, um Schulleiter zu werden. Er trat in gefährlicher Zeit ins Zentrum ein und wurde von der NSDAP zermürbt. Schließlich wurde er Mitglied dieser Partei und am Ende wegen dieser Mitgliedschaft von allen verachtet. Vielleicht um neues Ansehen zu gewinnen, trat er in die CDU ein. Da aber wurde er wohl todkrank. Immer wieder strebte er an den Rhein und kam doch erst als Toter heim.
Anmerkungen:
1 „Als »Reichskonkordat« wird der am 20.Juli 1933 zwischen dem Vatikan und dem Deutschen Reich geschlossene Staatskirchenvertrag bezeichnet. In ihm wurde das Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und der römisch-katholischen Kirche geregelt. Es wird auch heute noch für die Bundesrepublik Deutschland als gültig betrachtet.“ .
2 Umfassendere biographische Darstellungen bei Peter Nieveler, Dr. Michael Hubert Schnitzler, Ideologisch unerwünscht, in: Die Zitadelle Nr. 37, 2008, S.121 und Nr. 38, 2009, S.113 sowie bei Hermann Josef Paulißen, Die Staatli-che Deutsche Oberschule in Aufbau-Form (Goerres-Gymnasium) in Linnich 1922-1932, Forum Jülicher Geschichte, Veröffentlichungen der Joseph-Kuhl-Gesellschaft, Bd.32, Jülich 2001, besonders S.51.
3 Gesetzestext: http://www.verfassungen.de/de/de33-45/beamte33.htm <06.01.2011>.
4 Haupt-Staats-Archiv Düsseldorf Akte HSA-PE Nr.3511 In diesen Zusammenhang gehören auch noch folgende Akten des Landesarchivs in Düsseldorf: NVV 1031 Nr.8005 und Nr.8613: Käthe Viedebantt, Entnazifizierungsakte>
5 Das Gymnasium Jülich kommt in den Akten der Stadt, da es eine staatliche Schule war, nur selten vor. Im »Verwaltungsbericht der Stadt Jülich 1918-1932, unterschrieben von Bürgermeister Johannes Kintzen, steht auf S.380: „Schuljahr 1934/35: Studiendirektor Dr. Oskar Viedebantt am 08.05.1934 nach Jülich von Lingen versetzt.“ Im Verwaltungsbericht 1945-1955, unterzeichnet von Stadtdirektor Heinrich Casson, wird Viedebantt nicht erwähnt, nur die Tatsache der Schulschließung am 03.September 1944.
6 Herbert Lepper, Das Gymnasium Jülich und seine Vorgängeranstalten (1816-1945), Beiträge zur Jülicher Geschichte, Nr.42, 1975, vor allem S.54; Günter Bers, 50 Jahre Jülicher Geschichtsverein, Beiträge zur Jülicher Geschichte Nr.40, 1973, S.8; Horst Wallraff, Nationalsozialismus in den Kreisen Düren und Jülich, Düren 2000, S.388, Anm.340; Wolf¬gang Gunia, Staatliche Oberschule für Jungen in Jülich. Das Jülicher Gymnasium im Schatten des NS-Systems und des 2. Weltkriegs, Jülich 1996, S.5.
7 Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 405A, Nr.1306, S.401.
8 Jugendwalter waren in nationalsozialistischer Zeit Kontaktpersonen zwischen dem Schulleiter und der aus Eltern, Lehrern und Vertretern der Hitler-Jugend (Einheits-Jugendverband der Nationalsozialisten) zusammengesetzten Schulgemeinde.
9 Wolfgang Gunia, wie in Anm.6, S.8.
10 Siehe Anm.16 und Text dazu.
11 Akte wie Anm.4, S.195 und 196.
12 Siehe zu diesen Quellen Lepper (wie in Anm.6), S.55/56.
13 Haupt-Staatsarchiv Düsseldorf Akte BR 0150 Nr.1389 Personalakte Viedebantt, S.212 und 215. Nach dieser Akte werden auch, wenn nicht anders und nicht genauer angegeben, im Verlauf dieses Aufsatzes weitere Einzelheiten zu Viedebantts Lebenslauf zitiert.
14 Dass ihm diese Versetzung zumindest nahegelegt wurde, zeigt auch die Tatsache, dass er sogar aus dem Bereich der Schulaufsicht in Hannover in die Rheinprovinz versetzt wurde. Das mag aber auch mit seiner katholischen Konfessi¬on zu tun haben, die im preußischen Staat nur für das Rheinland wirklich erwünscht war.
15 Schriftliche Auskunft des Bundesarchivs in Berlin vom 10.11.2008.
16 http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Lehrerbund; http://de.wikipedia.org/wiki/ Deutscher_Philo-logenverband 02.01.2011.
17 Akten wie Anm.4.
18 Viedebantts Zwiespältigkeit in Bezug auf den Nationalsozialismus mag auch an folgendem Hinweis deutlich wer-den: Der langjährige, 2006 verstorbene Vorsitzende des »Fördervereins Gymnasium Zitadelle«, Dr. Erwin Fuchs (Nachruf in »Die Zitadelle« Nr.36, 2007, S.44), selbst Schüler des Staatl. Gymnasiums unter Viedebantt, erzählte dem Verfasser dieses Aufsatzes mehrfach, indem er die Wahrhaftigkeit seiner Aussage immer wieder betonte, Herr Dr. Viedebantt habe immer sehr schnell den Arm zum Hitler-Gruß erhoben, er habe aber auch der Mutter von Fuchs zweimal den guten Rat gegeben, nicht dem Ansinnen von Werbern zu folgen und den Sohn Erwin, der gut gewach-sen und ein guter Sportler war, nicht in die nationalsozialistische Kaderschmiede, die »Ordensburg Vogelsang«, zur Ausbildung zu schicken.
19 Freundliche Mitteilung des Stadtarchivs / NS Dokumentationsstelle Krefeld vom 10.01.2011.
20 Freundliche Mitteilung per e-mail durch A. Gierschmann, einen ehemaligen Lehrer der Schule, vom 23.12.2010. Das als katholische Schule für Jungen gegründete Arndt-Gymnasium verlor 1875 seinen konfessionellen Charakter und wird seit 1972 koedukativ geführt. – Die bisherigen Angaben zu seinem Leben stammen aus Viedebantts Disser¬tation.
21 Gedruckt 1908 bei Teubner in Leipzig.
22 http://de.wikipedia.org/wiki/Epiphanius_von_Salamis – 16.01.2011.
23 http://de.wikipedia.org/wiki/Metrologie – 02.01.2011.
24 Nach freundlicher Auskunft des »Deutschen archäologischen Instituts« vom 13.01.2011 erschienen von Viedebantt in den Jahren 1912-1916 auch verschiedene Aufsätze zu Bauinschriften und Metrologie in »HERMES Zeitschrift für klassische Philologie «, der einzigen seit 1866 bis heute erscheinenden Zeitschrift für Altertumskunde, wo nur wissenschaftlich besonders gute Aufsätze veröffentlicht werden . Ebenso teilt das DAI mit, dass Viedebantt 1916 auch Mitarbeiter bei »Neue Jahrbücher für das klassische Altertum, Geschichte und deutsche Litteratur und für die Pädagogik«, Vol. XXXVII war. .
25 Einzelheiten zum Lebenslauf in den in Anm. 4 und 7 genannten Akten. Siehe auch Todesanzeige Oskar Viedebantt.
26 Landsberg/Warthe gehörte seit 1818 zum gleichnamigen Kreis im Regierungsbezirk Frankfurt/Oder der preußischen Provinz Brandenburg, seit 1939 »Mark Brandenburg«. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt polnisch. ; nicht zu verwechseln mit Landsberg am Lech, wo Adolf Hitler nach dem Putschversuch von 1923 im Gefängnis »Mein Kampf« schrieb.
27 Heute Helmholtz-Gymnasium Potsdam; der bekannteste Schüler dieser Schule war Hermann von Helmholtz (1821-1894), ein deutscher Physiker, nach dem seit dem Jahr 1995 die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren benannt ist. Zu dieser Gemeinschaft gehört auch das FZ Jülich. .
28 Gegründet 1700; seit 1992 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
29 Heute «Ludwig-Cauer-Grundschule Charlottenburg«; 1825 vom Pädagogen Ludwig Cauer als private Erziehungs-anstalt nach den Erziehungszielen Fichtes als reine Internatsschule gegründet; 1899 »Königliches Kaiserin Augusta Gymnasium«.
30 S.65 und 70 der in Anm.13 genannten Personal-Akte.
31 Heute wohl »Fachdezernent«.
32 Heute hat Lingen bei 56.000 Einwohnern 33.000 Katholiken und 17.000 Protestanten .
33http://www.gymnasium-georgianum.de/ <10.01.2011>: Namengeber der Schule, die im Jahre 2005 ihr dreihundert-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist König Georg V. von Hannover (1819-1878).
34 Siehe Anm.3.
35 Akten wie Anm.13, S.143.
36 http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4rzgefallene#Verwendung_1933 <10.01.2011>.
37 Akten wie Anm.13, S.148 und Anm.1.
38 S.212 der Akte aus Anm.13.
39 Nieveler, wie Anm.2, S.127.
40 Personalakte wie Anm.13, Seite 215.
41 Stadtarchiv Jülich, Häuserkartei, Neußerstraße 9.
42 Bers wie Anm.6, S.8.
43 Nach einem in der Personalakte – Anm.13 – angeführten Erlass vom 10. Oktober 1940.
44 http://de.wikipedia.org/wiki/Westfeldzug und http://de.wikipedia.org/wiki/ Stra%C3%9Fburg# Zweiter_Weltkrieg <11. Januar 2011>.
45 Zur »Oberschule für Jungen« siehe Gunia, wie Anm.6, S.5.
46 Zwischen 1939 und 1945 gab es am Staatlichen Gymnasium Jülich zehn Termine mit Reifeprüfungen und Reifevermerken. (Wolfgang Gunia, 100 Jahre Abitur am Jülicher Gymnasium. 1905-2005. Festschrift. Beitrag zur Geschichte des Gymnasiums seit 1905, S.89.)
47 Maria Deneffe (1914-1995) war bis 1944 und dann noch einmal bis 1948 Schulsekretärin. 1961 heiratete sie Rudolf Wille, einen Abiturienten des Jülicher Gymnasiums von 1941.(W. Gunia wie Anm.6, S.62, Anm.7) .
48 Der Brief trägt zwar das Datum des 14.12.1945, ist aber wohl am 14.01.1945 geschrieben, wie aus dem Inhalt des Schreibens mit Hinweisen auf Weihnachten und die Zerstörung Jülichs im November 1944 hervorgeht. Das Datum auf dem Brief kann auch deshalb nicht richtig sein, weil es den Tag vor dem Tod Viedebantts nennt, an dem er wohl kaum noch einen Brief geschrieben hat.
49 Sterbeurkunde in der Akte aus Anm.6; freundliche Mitteilung des Standesamtes Ranis vom 12.01.2011.
50 W.Gunia wie Anm.6, S.8
51 Todesanzeige und Beileidschreiben im noch ungeordneten Teil des Stadtarchivs Jülich im Neuen Rathaus.
52 Zu ergänzen „dicendum“ – „Über Tote soll man nur Gutes sagen.“
53 Günter Bers, Jülich. Geschichte einer rheinischen Stadt, Jülich 1989, S.126
54 http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_Arch%C3%A4ologisches_Institut <18,01.2011>
55 Freundliche Mitteilung des DAI vom 13.01.2011.
56 Akte wie Anm.4.
57 Siehe in den Akten wie in Anm.4
58 Mt 11.7