Charly Kreiner – Schulleiter des Herzens und der leisen Töne

Charly Kreiner, seit 1862 der elfte Direktor des Gymnasiums Zitadelle, wird als „Schulleiter der Herzen und der leisen Töne“ in Erinnerung bleiben. 18 Jahre wirkte er an unserer Schule in leitender Position: zunächst als stellvertretender, dann als kommissarischer und seit 2007 als offizieller Schulleiter. In seine Amtszeit fiel die aufwändige PCB-Sanierung der gewaltigen Gebäude, die die Schule über Jahre in eine Großbaustelle verwandelte und enorme organisatorische Probleme bereitete. Und auch der Generationswechsel im Kollegium prägte seine Dienstjahre. Als er 1994 seine Tätigkeit in der Zitadelle antrat, gehörte er mit seinen 42 Jahren zu den jüngsten Mitgliedern des überalterten Kollegiums. Infolge der unausweichlichen Pensionierungswelle und entsprechend notwendiger Neueinstellungen verjüngte sich das Kollegium wesentlich. Bei der „schulscharfen“ Auswahl der neuen Kolleginnen und Kollegen ging Charly Kreiner mit großer Sorgfalt vor.

Durch seinen auf Harmonie und Ausgleich ausgerichteten Umgang mit Kollegium, Schüler- und Elternschaft sowie dem Schulträger hinterließ er bei allen, die ihn kennengelernt haben, tiefe Eindrücke. Und so verwundert es nicht, dass sich nachhaltige Erinnerungen einprägen, die ihn mehr als Philosophen auf der Violine zeigen und weniger als Beamten am Schreibtisch . Das entspricht seiner Lebensauffassung, mit der er stets weit über den Tellerrand seiner Fächer und seiner Verwaltungsaufgaben blickte.

Als „Socrates redivivus“ wurde er bereits als Referendar bezeichnet, „der wiedererstandene Socrates“, der ursprünglich Latein und Griechisch studieren wollte, sich aber aufgrund besserer Einstellungschancen für Mathematik und Philosophie entschied. Eine Fächerwahl, die eindringlich Kreiners Bemühen widerspiegelt, die Welt ohne fachliche Scheuklappen möglichst weiträumig erfassen zu wollen. Mathematik bedeutet ihm mehr als Zahlenspielereien, Philosophie mehr als das Konstruieren weltfremder Luftschlösser. In einem Interview zu Beginn seiner Amtszeit zitierte er einmal Platon: „Platon hat einmal gesagt, wer sich nicht mit der Geometrie beschäftigt habe, dürfe sich auch nicht mit der Philosophie beschäftigen.“ Für Charly Kreiner ist die Mathematik eine Vorstufe philosophischen Denkens.

Und die Kraft der Musik, der wohlklingenden Schwester der Mathematik und Philosophie, hat ihm geholfen, die weniger angenehmen Seiten des Amts und des Lebens zu ertragen. Er sammelt mit Leidenschaft Geigen und Bratschen, spielt sie mit gleicher Begeisterung und ließ keine Gelegenheit aus, sich bei Festen, Schulkonzerten und sonstigen Veranstaltungen als vorzüglicher Musiker zu präsentieren, wobei er sich auf vielfältigen Gebieten von Vivaldi und Mozart bis zu Piazzolla, den Beatles und der Klezmer-Musik tummelt. Dass er an einem 27. Januar, dem Geburtstag Wolfgang Amadeus Mozarts, das Licht der Welt erblickt hat, wirkt wie ein Signal der Sterne. „Ein Geige spielender Mathematiker, das hätte Platon gefallen“, würdigte die Fachschaft Philosophie auf der Abschiedsfeier das universale Weltverständnis Kreiners.

Charly Kreiner studierte in Köln, absolvierte seine Referendarzeit in Leverkusen und unterrichtete zunächst von 1979 bis 1986 am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Pulheim, bevor er ans Leibniz-Gymnasium in Kerpen wechselte, wo er seine ersten Erfahrungen als stellvertretender Schulleiter sammelte. Als sich abzeichnete, dass das Kerpener Gymnasium geschlossen werden sollte, sah er sich nach einer Alternative um, wobei ihm Jülich mit seinen architektonischen Besonderheiten, seiner guten Verkehrsanbindung an die benachbarten Großstädte und nicht zuletzt die Nähe zur wanderfreundlichen Eifel auf Anhieb zusagte. Am Gymnasium Zitadelle verbrachte er dann von 1994 bis 2013 die längste Phase seiner Dienstzeit.

Im Alter von 60 Jahren ging Charly Kreiner krankheitsbedingt in den Ruhestand. Dessen ungeachtet ist er der Musik und der Begeisterung für das Wandern bis heute treu geblieben.

P. Obiera